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Pressemitteilungen des DAV

MietR 24/15: Abstandsflächen bei Wohnungseigentum – wann kann der einzelne Eigentümer sich wehren

Münster/Berlin (DAV). Als Mitglied der Gemeinschaft muss der Wohnungseigentümer hinnehmen, dass er manches nicht allein entscheiden kann. Vielmehr werden die Entscheidungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, mehrheitlich getroffen. Dies gilt manchmal auch für die Frage, ob ein Wohnungseigentümer sich gegen Beeinträchtigungen zur Wehr setzen kann. In diesem Zusammenhang informiert die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) über eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Juli 2015 (AZ: 7 B 478/15).

In der Entscheidung wollte ein Wohnungseigentümer gegen die erteilte Baugenehmigung auf einem Nachbargrundstück vorgehen. Er war der Meinung, dass durch das geplante Bauvorhaben Abstandsflächen verletzt werden. Problematisch war in diesem Zusammenhang, dass hier die Abstandsflächen nicht zu dem Sondereigentum an der Wohnung des klagenden Wohnungseigentümers, sondern vielmehr zu dem Gemeinschaftseigentum verletzt wurden.

Der Kläger war der Auffassung, dass ihm ja auch – wenn auch nur anteilig – das Gemeinschaftseigentum gehöre und daher seine Rechte verletzt wären.

Dies sahen die Richter anders und wiesen die Klage ab. Damit folgten sie der bisherigen Rechtsprechung, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer berechtigt ist, Abwehrrechte gegen ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück geltend zu machen. Der Wohnungseigentümer konnte hier also nicht alleine, sondern nur im Verbund mit den anderen Eigentümern als Gemeinschaft klagen.

Alleine ist er hierzu nur befugt, wenn er sich auf einen Verstoß von Abstandsflächen beruft, die bildlich gesprochen in sein Sondereigentum hineinreichen.

Im konkreten Fall hätte also zunächst die Gemeinschaft in einer ordentlichen oder außerordentlichen Eigentümerversammlung abstimmen müssen, ob Klage gegen das Bauvorhaben erhoben werden soll.

Informationen: www.mietrecht.net

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PM 36/15: Gesundheitsvorsorge für Flüchtlinge muss auf neue gesetzliche Grundlagen gestellt werden

Berlin (DAV). Zurzeit wird den Asylsuchenden, Flüchtlingen, Geduldeten und Papierlosen lediglich eine gesundheitliche Minimalversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuteil. Nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) stößt dies auf rechtliche Bedenken.

Es muss ein System geben, diese Personen in die gesetzlichen Krankenkassen zu integrieren, wie dies mit der Gesundheitskarte zum Teil schon praktiziert wird.

„Ausreichende Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht“, stellt DAV-Präsident Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg klar. Die aktuell praktizierte minimalmedizinische Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sei mit dem Menschenrecht auf Gesundheit nicht vereinbar.

Die Beschränkung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf eine Behandlung nur bei „akuter Erkrankung mit Schmerzzuständen“ und der Gewährung sonstiger Leistungen nur, wenn die „zur Sicherung (…) der Gesundheit unerlässlich (…) sind“, hat häufig Gesundheitsschäden und sogar Todesfälle zur Folge. Der DAV unterstützt daher auch die Initiative der Medibüros und Medinetze in Deutschland, eine Lösung über die gesetzlichen Krankenkassen zu finden.

Die gesundheitliche Minimalversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen müsse auch als verfassungswidrig gewertet werden. „Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2012 entschieden, dass „die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren“ sei“, so Schellenberg weiter.

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PM 35/15: Türkische Anwaltschaft leistet Widerstand

Ankara/Berlin (DAV). Am vergangenen Wochenende fand in Ankara die feierliche Eröffnung des Rechtsjahres statt. Eingeladen hatte der Dachverband der türkischen Rechtsanwaltskammern. Der Verband brach damit geltendes Recht. Normalerweise lädt das Justizministerium zu dieser traditionellen Veranstaltung der türkischen Justiz ein, hatte jedoch in diesem Jahr die Veranstaltung per Gesetz verboten. Zu groß war die Angst vor berechtigter Kritik der türkischen Anwaltschaft. Ohne Erfolg: Die türkische Anwaltschaft leistete Widerstand. Die Kritik war schärfer als erwartet.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte verurteilten die unrechtmäßige Einmischung der Regierung in die Pflege der Justiz und die Ausübung der Anwaltschaft.

Im Anschluss an die Feierlichkeit besuchten die 500 geladenen Gäste, darunter Vertreter nahezu aller türkischen Rechtsanwaltskammern, das Atatürk-Mausoleum. Sie wurden begleitet von 4.500 Anwältinnen und Anwälten und Sprechchören von Schaulustigen, die skandierten „Wir sind stolz auf Euch!“.

„Es ist beeindruckend zu sehen, unter welch schwierigen Bedingungen die Kollegen für demokratische Rechte eintreten. Ich fühlte Stolz auf unseren Berufsstand, der sich den Mund nicht verbieten lässt und unverdrossen für den Rechtsstaat kämpft“, sagte Rechtsanwältin Gül Pinar, die in Vertretung des Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins nach Ankara gereist war.

Die Stimme der Anwaltschaft bleibt unüberhörbar. Dies ist weiterhin dringend nötig. So ist etwa angedacht, die bislang einjährige Ausbildung durch die Rechtsanwaltskammern abzuschaffen. Stattdessen soll allein die Unterweisung an Universitäten islamischen Rechts zur Ausübung des Anwaltsberufs genügen. Die türkische Anwaltschaft richtet sich daher darauf ein, zur Qualitätssicherung der anwaltlichen Profession für eine einheitliche Anwaltsprüfung zu streiten. Die türkische Regierung darf mit sachlicher und gleichsam hartnäckiger Opposition durch eine innerlich gestärkte Anwaltschaft rechnen.

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Nr. 51/15: Gesundheitskosten ab bestimmter Höhe steuerlich absetzbar

Berlin (DAV). Unter bestimmten Voraussetzungen können Steuerzahler ihre Gesundheitskosten von der Steuer absetzen. Das gilt für Kosten von Medikamenten, Hilfsmitteln und Maßnahmen, die ärztlich verordnet, aber nicht oder nicht komplett von der Krankenkasse übernommen werden. Allerdings dürfen nur solche Ausgaben steuerlich geltend gemacht werden, die die gesetzlich geregelte zumutbare Belastung übersteigen. Darüber informiert die Deutsche Anwaltauskunft.

„Die genannte zumutbare Belastung errechnet sich aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte“, informiert Rechtsanwältin Sabine Unkelbach-Tomczak, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Ob und wie viele Kinder der Steuerpflichtige habe, spiele ebenfalls eine Rolle.

Wichtig: Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist die Summe, die sich ergibt, wenn von den Einkünften die gesetzlichen Abzüge wie zum Beispiel der Altersentlastungsbetrag und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende vorgenommen wurden. „Die zumutbare Belastung zu ermitteln, ist für Laien schwierig“, warnt Rechtsanwältin Unkelbach-Tomczak. „Allerdings ist im Vorteil, wer schon andere Summen von der Steuer absetzen kann. Denn dann sinkt gegebenenfalls die zumutbare Belastung.“

Abzugsfähig sind Ausgaben für Arznei-, Hilfs- und Heilmittel. Als Arznei- und Heilmittel zählen natürlich Medikamente, auch solche, die nicht verschreibungspflichtig sind. Zudem fallen Heilkuren, Physiotherapie und seit einiger Zeit auch Psychotherapie darunter. Als Hilfsmittel gelten unter anderem: Rollstühle, Krücken, Rollatoren, Brillen, Hörgeräte, Gehstöcke, Zahnimplantate und Zahnprothesen.

Auch Naturheilverfahren können medizinisch notwendig sein – die Kosten dafür sind dann ebenfalls abzugsfähig. Das sind unter anderem homöopathische und osteopathische Behandlungen sowie andere Behandlungen von einem Heilpraktiker. Auch Fahrtkosten zu Arztterminen sind absetzbar. Das ist vor allem dann relevant, wenn zum Beispiel ältere Menschen mit dem Taxi zum Arzt fahren müssen. Es können auch Kosten für medizinisch notwendige Maßnahmen abgesetzt werden, die in einem größeren Kontext mit der Krankheit in Verbindung stehen, zum Beispiel der behindertengerechte Umbau einer Wohnung.

„Das Finanzamt kann es aber auch ablehnen, Gesundheitsausgaben von dem Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, auch wenn sie die zumutbare Belastung übersteigen“, warnt die Expertin aus Frankfurt. Letztlich gäbe es keine Garantie dafür, dass Gesundheitskosten von der Steuer abgezogen werden könnten.

Weitere Informationen finden Sie hier.

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PM 34/15: Mehrheit gegen Gerichtsschließungen – Volksentscheid dennoch gescheitert DAV fordert Reform der Rahmenbedingungen für einen Volksentscheid

Berlin (DAV). Der Volksentscheid gegen die Gerichtsschließungen ist am notwendigen Quorum gescheitert. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) weist aber darauf hin, dass dies dennoch kein Freibrief für die Politik ist. Die Gegner der Gerichtsschließungen haben mehr Stimmen erhalten, als jede Fraktion im Schweriner Landtag bei der letzten Landtagswahl. Nun bedarf die weitere Umsetzung der Gerichtsstrukturreform, insbesondere die Schaffung der Zweigstellen, der kritischen Begleitung. Angesichts allgemein sinkender Wahlbeteiligungen stehen auch die Rahmenbedingungen für Volksentscheide zur Diskussion.

Die Gegner der Gerichtsschließungen haben 83,2% der Stimmen bei dem Volksentscheid bekommen. Bei einer Wahlbeteiligung von 23,7% ist der Volksentscheid dennoch an dem Quorum gescheitert, wonach 1/3 der Wahlberechtigten diesen unterstützen müssen.

„Im Grunde ist der Volksentscheid gewonnen. Es gab eine starke Unterstützung für die Gegner der Gerichtsstrukturreform“, so Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg, DAV-Präsident. Dies zeige die hohe Zustimmungsrate von 83,2%. Demgegenüber stünden lediglich 16,8%, die die Gerichtsstrukturreform mit einer Schließung von 11 von 21 Amtsgerichten unterstützten. „Die Landesregierung hat kaum Unterstützung für die Gerichtsschließungen erhalten“, so der DAV-Präsident weiter.

„Die Gegner der Gerichtsstrukturreform würden jetzt die größte Fraktion im Schweriner Landtag bilden“, ergänzt Rechtsanwalt Martin Lorentz, Vorsitzender des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern des DAV. Schließlich habe man 262.608 (vorläufiges Ergebnis) Unterstützer gegen die Gerichtsschließungen gewonnen. „Zur Erinnerung: Bei der letzten Landtagswahl konnte keine der großen Parteien so viele Stimmen auf sich vereinen (SPD 242.251, CDU 156.969)“, so Lorentz weiter. Dies sei also kein Sieg der Landesregierung. Man werde mit den Unterstützern des Volksentscheids kritisch die weitere Arbeit betrachten. „Jetzt kommt es auf eine gute Ausstattung auch der Zweigstellen an“, betont Lorentz. Auch werde man genau analysieren müssen, wie sich die Standorte, an denen ein Gericht geschlossen worden ist, generell wirtschaftlich weiter entwickeln. Schließlich würde das Vorhandensein eines Gerichts die wirtschaftliche Entwicklung einer Kommune fördern.

Debatte um Hürden für Volksentscheide

Nach dem Volksentscheid, der allein am Quorum gescheitert ist, wonach 1/3 der Wahlberechtigten, nicht der Beteiligten (!), diesen unterstützen müssen, wird es zu einer Debatte über diese hohen Hürden kommen. Hierzu erklärt der DAV-Präsident Schellenberg: „Man muss sich schon Gedanken darüber machen, ob es richtig ist, wenn die Politik selbst bei Landtagswahlen lediglich eine Wahlbeteiligung von 51,5% erreicht (Wahlbeteiligung Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern 2011), bei einem Volksentscheid 33,3% zu verlangen.“ Schließlich gehe es hier ja nur um eine einzelne Sachfrage, während es sich bei der Landtagswahl um die politische Ausrichtung für die gesamte Legislaturperiode handele.

Hintergrund

Nach wie vor hält der DAV-Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern die Gerichtsstrukturreform mit der Schließung von 11 von 21 Amtsgerichten für falsch. Das Einsparpotenzial ist äußerst gering. Auch die Erreichbarkeit der Gerichte sinkt rapide. Ein Beispiel: Allein der größte Amtsgerichtsbezirk Ludwigslust hat ein Einzugsgebiet von 4.334,75 Quadratkilometern. Dies ist das 7,9-fache des derzeitigen Bundesdurchschnitts.

Der DAV wird sich weiterhin für einen ausreichenden Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht einsetzen. Dies bezieht sich auch auf die räumliche Erreichbarkeit. Da Zweigstellen nicht alle notwendigen Leistungen wie Gerichte zur Verfügung stellen, reichen diese nicht aus.

„Mit der Schließung und Zusammenlegung von Gerichten macht man die Justiz nicht zukunftsfest. Wir brauchen intelligente Lösungen, die auch bei rückläufigen Bevölkerungszahlen eine rechtliche Versorgung sicherstellt“, betont der DAV-Präsident Schellenberg.

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PM 33/15: DAV streitet für türkische Anwältinnen und Anwälte

Ankara/Berlin (DAV). Am morgigen Samstag findet das „Opening of the Legal Year“, die feierliche Eröffnung des Rechtsjahres, in Ankara statt. Eingeladen hat der Dachverband der türkischen Rechtsanwaltskammern, die „Union of Turkish Bar Associations“. Zahlreiche Vertreter internationaler Anwaltsorganisationen haben sich angekündigt. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) wird durch Rechtsanwältin Gül Pinar vertreten sein. Die fehlende Unabhängigkeit der Strafverteidigung in der Türkei steht international in der Kritik. Neben der Anwaltschaft ist aber auch die Justiz selbst vor unrechtmäßiger Einflussnahme nicht gefeit. Wiederholt sind Verhaftungen von politisch unliebsamen Richtern und Staatsanwälten zu verzeichnen.

Bereits seit Mitte 2012 beobachtet der DAV ein Strafverfahren gegen 46 Anwältinnen und Anwälte in der Türkei, denen vorgeworfen wird, Mitglieder einer verbotenen kurdischen Vereinigung zu sein. Obschon im März 2014 die letzten inhaftierten Anwältinnen und Anwälte nach 28 Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, ist ein Ende des Prozesses auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, der Ausgang vor dem derzeitigen politischen Hintergrund fraglicher denn je. Vielmehr wird der Prozess verschleppt und von einer neuen Kammer leidlich geführt, die sich ohne neue Beweisaufnahme auf die Ergebnisse der mittlerweile abgeschafften Sonderkammer für politische Verfahren stützt.

Rechtsanwältin Gül Pinar kommentiert: „Wo eine unabhängige Justiz politisch nicht geduldet wird, da werden Waffengleichheit und mithin wirkungsvolle Strafverteidigung zur Illusion. Parteiisch zu sein ist die natürliche Aufgabe der Strafverteidigung und nicht als Komplizenschaft zu möglichen Straftaten zu verstehen. Da die Anwaltschaft das Rückgrat eines jeden Rechtsstaats bildet, ist sie aufgerufen, für ihre eigenen Rechte und diejenigen ihrer Mandantschaft aktiv einzutreten.“

Der türkische Staat ist nicht allein aufgrund seiner in Art. 6 EMRK eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen gehalten, die Unabhängigkeit von Justiz und Anwaltschaft zu respektieren wie auch die Justiz selbst die Wahrnehmung anwaltlicher Mandate nicht kriminalisieren darf.

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Europa im Überblick - DAV

Europa im Überblick, 27/15

Die aktuellen EU-Informationen des DAV, heute u.a. mit den Themen: Konsulation zu Neuregelung von Online-Käufen; Neue Erbrechts-VO für Todesfälle in Kraft; Beschlagnahme von Dateien in Anwaltskanzleien

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Nr. 50/15: Bald kaum noch Anwälte für Hartz-IV-Empfänger

Berlin (DAV). Anwälte, die Hartz-IV-Empfänger vor Gericht vertreten, müssen immer häufiger auf ihr Honorar verzichten. Der Grund: Gewinnt der Arbeitslose einen Prozess gegen das Jobcenter, muss dieses ihm zwar die Kosten erstatten. Hat der Arbeitslose jedoch Schulden beim Jobcenter, verrechnen die Jobcenter häufig die beiden Summen. Der Anwalt geht dann leer aus. Das ist nicht rechtmäßig und kann für Arbeitslose langfristig verheerende Folgen haben. Darüber informiert die Deutsche Anwaltauskunft.

„Die Schulden eines Mandanten einerseits und das Honorar seines Anwalts andererseits sind Forderungen von zwei Parteien, die nichts miteinander zu tun haben“, sagt Rechtsanwalt Martin Schafhausen von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Sie dürfen nicht miteinander verrechnet werden.“

Dennoch wurden die Jobcenter explizit angewiesen zu prüfen, ob ein Hartz-IV-Empfänger Schulden hat, bevor Anwaltshonorare ausgezahlt werden. Gewinnt der Mandant und hat er weder Prozesskostenhilfe (PKH) noch Beratungshilfe erhalten, muss das Jobcenter ihn von den Kosten des Rechtsanwalts freistellen. Der Arbeitslose ist dann nicht mehr derjenige, der dem Anwalt das Honorar schuldet, sondern das Jobcenter. „Dass dieses Honorar dann nicht mit Schulden des Hartz-IV-Empfängers verrechnet werden darf, liegt auf der Hand“, kritisiert Rechtsanwalt Schafhausen. Das hat auch ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 6. Mai 2015 (AZ: L 6 AS 288/13) bestätigt.

Wenn der Leistungsempfänger Prozesskostenhilfe oder Beratungshilfe bekommt, muss der Rechtsanwalt die Kosten nach einem erfolgreichen Prozess im eigenen Namen geltend machen. In den gesetzlichen Regelungen ist dies eindeutig als Forderung des Anwalts gegenüber dem Jobcenter festgelegt. Das heißt, dass auch dann das Jobcenter dem Rechtsanwalt sein Honorar zahlen muss.

Martin Schafhausen geht nicht davon aus, dass die Jobcenter in der nächsten Zeit ihr Verhalten anpassen. „Damit sich wirklich etwas ändert, müsste die Bundesagentur für Arbeit ihre Weisung zur Aufrechnung ändern. Im schlimmsten Fall ist eine Gesetzesänderung notwendig“, erklärt der Anwalt aus Frankfurt.

Für die Anwälte hat das Verhalten der Jobcenter sehr negative Folgen. Wer als Anwalt einen Empfänger von Hartz IV vor Gericht vertritt, muss teilweise davon ausgehen, dass er kein Honorar erhält. Das wirkt sich langfristig auch für Hartz-IV-Empfänger negativ aus. Wer gegen das Jobcenter vor Gericht ziehen und dafür PKH beantragen will, wird es immer schwerer haben, einen Anwalt zu finden, der ihn vertritt. Es sinkt also die Wahrscheinlichkeit, dass ein Jobcenter zum Beispiel für unrechtmäßige Kürzungen von Leistungen zur Rechenschaft gezogen wird.

Zwar lassen nicht alle Jobcenter Anwälte bei der Vertretung von Arbeitslosen im Regen stehen – ein Großteil zahlt die Honorare aus. Dennoch: Auch wenn es nur einen Teil der Fälle betrifft, ist das Vorgehen unrechtmäßig. Insbesondere nach dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz muss es dringend eingestellt werden, fordert der DAV. „Es ist Zeit, dass die Jobcenter sich den Anwälten gegenüber fair verhalten“, sagt Sozialrechtsanwalt Schafhausen. „Ich appelliere an die Jobcenter, jedem Anwalt, der einen Hartz-IV-Empfänger vertritt, sein Honorar direkt auszuzahlen – und es nicht mit Schulden zu verrechnen, für die der Anwalt nicht verantwortlich ist.“

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